Sonntag, 23. Juli 2017

Ein Tag in Duala - das erste Mal "weiß" sein

18.07.2017

Nach dieser aufregenden, teilweise schockierenden, aber eher entspannten Nacht verließen wir am Morgen das Haus um mit Father Franklin, Charlotte, Elinor, Brain und (?King? -> wer weiß, wie er zu diesem Namen kommt?) David in einem französischen Kaffee zu frühstücken. Bei der Wahl des durch und durch europäischen Essens waren wir doch sehr überfordert, aber schließlich wurde einfach für uns jeweils ein Omelette bestellt. Das war sehr lecker und wir verstanden schnell, dass hier in Kamerun auch morgens "richtig" gegessen wird.

Father Franklin war in der Woche zuvor Leiter und Organisator eines kirchlichen Jugendcamps mit über 1000 Jugendliche in der Diözese Kumbo und deshalb noch entsprechend müde und fertig, sodass er sich ausruhte, während Charlotte und Elinor mit uns in unserem Zimmer interessante und spannende Gespräche führten und Pläne für den Tag schmiedeten. So kam es, dass wir die Straßen Dualas das erste Mal in Begleitung zweier Kamerun-erfahrener Europäerinnen betreten konnten.

Erstmal ganz faktisch, was wir alles an dem Tag gemeinsam erlebt haben:
Geld wechseln in einem kamerunisch-deutschen Luxushotel, eine Deutschschule besucht und dort versprochen eines Tages wiederzukommen, unsere erste Bike-Taxi-Tour (hier fahren nur sehr wenige Menschen selbst Auto oder Motorrad, es gibt stattdessen viele gelbe Taxis oder "Bikes" (=Taxi-Motorräder) die als Transportmittel fungieren - dazu wann anders mehr), unseren ersten Marktbesuch, unsere erste Ananas (das war ein wunderbares Geschmackserlebnis ohne Gleichen:-).

Dualas größter Markt - wie eine kleine Stadt in der Stadt
Jetzt zu meinen persönlichen Eindrücken an diesem Tag. Ich habe mich noch nie so weiß gefühlt.
Und das war teilweise wirklich sehr fremd und unangenehm. Duala ist eine große Stadt mit ca. 2,4 Mio. Einwohnern und die große Mehrheit davon ist dunkelhäutig. Da sind wir tatsächlich sehr aufgefallen als vier weiße Mädels, die zusammen die Stadt erkunden. Vor allem auf dem Markt war es ziemlich eng und voll und bei fast jedem Schritt wurden wir von irgendjemandem angesprochen, der uns etwas verkaufen wollte. Oft bekamen wir auch die Ausrufe "La Blanche!" oder "Tu es marié?!" zu Ohren und teilweise habe ich mich wie im Zoo gefühlt. So viele schauten uns an und wir dachten nur "eigentlich sind wir einfach nur so geboren - mit heller Haut, das macht doch keinen Unterschied".
Wenn man aber darüber nachdenkt, ist das alles vermutlich gar nicht böse gemeint gewesen, sondern einfach ein Verhaltensmuster, dasss durch Generationen weitergegeben wurde und immer noch in den Köpfen verankert ist. Man kann sich mit dem Thema Rassismus tiefgehender auseinandersetzen und ich denke es ist für jeden Menschen, egal welcher Hautfarbe wichtig, dass irgendwann zu tun. Denn wie wir jetzt feststellen, ist jeder irgendwo fremd und fällt optisch aus der Masse heraus. Und dann würde man vielleicht doch lieber einfach ein Mensch sein können - ohne vorherige Wertung durch äußeres Umstände.

Weitere Eindrücke waren die vollen Straßen, die oft sehr ärmlich wirkenden Bauten und ganze Stadtgebiete mit Hütten aus Holzbrettern und Wellblech, die auffallend gut gekleideten Menschen, die vielen wunderschönen, bunten Farben, die vielseitigen Gerüche - manche abstoßend, manche echt gut, das feuchte und heiße Klima, bei dem alle Kleidung am Körper kleben bleibt, die vollen Autos, die Tatsache, dass, in einem für mich bisher undurchblickbaren Chaos des Verkehrs, alle ihre Wege finden und keiner zu Schaden kommt (Keiner*m, den ich in Deutschland als Autofahrer*in kenne und schätze, würde ich eine Autofahrt am Steuer in Duala zumuten wollen).
Duala ist eine beeindruckende Stadt, in der das Leben auf ganz verschiedene Weise pulsiert. Etwas, dass ich bisher in keiner europäischen Stadt so erlebt habe. Es war sehr interessant, und ein guter Einstieg in das System kamerunischer Städte.



Am Abend gab es dann Christina und mein erstes und Elinor und Charlottes letztes kamerunisches Essen. Ganz allgemein: das kamerunische Essen kann man mit deutschen Geschmackssinnen nicht allgemein beschreiben - das haben wir eben beim Blogschreiben festgestellt. Deshalb werde ich auch darauf in einem weiteren Artikel zurückkommen. Für diejenigen, die aber trotzdem schon neugierig sind: es gab Fufu (eine Art Maisbrei) mit Njama Njama (wir einigten auf die Beschreibung "spinatähnlich schmeckendes Grünzeug" was auf keinen Fall abwertend gemeint sein soll), sowie Ndole (wieder ein grünes Gemüse, meiner Meinung nach mit etwas Wirsingähnlichem Geschmack - hier in Duala war es mit Fisch kombiniert, vermutlich weil Duala am Meer liegt, ob Fisch sonst auch dabei ist, müssen wir noch herausfinden) mit Plantains (frittierten Kochbananen). Es war echt lecker und total neu für mich, und erstaunlicher Weise schien mein Magen dieses erste Essen wirklich gut vertragen zu haben - es kamen noch einige weitere bisher. Jetzt habe ich doch schon mehr geschrieben als ich ursprünglich vorhatte, aber wie gesagt: allgemeine Beschreibungen sind hier schwer.

Nach dem Essen ging es dann bald mit den gepackten Koffern von Elinor und Charlotte an den Flughafen um sie dort zu verabschieden. Einerseits war es für uns seltsam zu wissen, dass sie gerade dorthin auf dem Weg sind, wo wir herkommen und uns gerade verabschiedet haben; auf der anderen Seite war es auch für sie seltsam zu wissen, dass wir das ganze Jahr, was sie gerade erlebt haben, noch vor uns haben. Ich denke aber, dass es für uns alle super schön war, uns noch einmal sehen zu können. Ein großes Dankeschön an euch, ihr beiden, ihr habt uns etwas die Angst vor dem was kam und kommen wird genommen und uns so gut es geht schon vor Ort unterstützt. Wir hoffen, dass mit den kommenden Freiwilligen auch so hinzubekommen.
Das ist etwas sehr besonderes für uns gewesen.

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